SG: War das Thema „handlungsorientiertes Prüfen“ auch Teil eurer Schulung? Schließlich muss das Prüfungsformat zur Rechtsgrundlage des Landes passen.
PJ: Ja, das war ein großes Thema. Der Vorteil ist, dass die Modellschulen, mit denen wir zusammenarbeiten, sich bereits am deutschen Ausbildungssystem orientieren. Diese Schulen setzen Elemente der Handlungsorientierung im Unterricht um, weg vom Frontalunterricht.
SG: Wird die Ausbildung an diesen Modellschulen in China auch staatlich anerkannt?
PJ: Ja, die Ausbildung ist in China staatlich anerkannt, obwohl sie an das deutsche System angelehnt ist.
Wie wirken sich die internationalen politischen Spannungen, wie etwa die Einschätzung Chinas als „Partner, Wettbewerber und Systemrivale“, auf eure Zusammenarbeit aus?
PJ: Die Diskussionen, insbesondere im Zuge des Ukrainekriegs, haben natürlich Auswirkungen. Die internationale Konkurrenz ist stärker geworden. Trotzdem bietet diese Konkurrenz auch Chancen, insbesondere in Bezug auf Innovationen und technischen Fortschritt. Es ist wichtig, diese Entwicklungen differenziert zu betrachten. Auch in unseren Gremien – wie dem Vorstand der Handwerkskammer – haben wir das bewusst diskutiert. Das Projekt wurde durchaus kritisch betrachtet. Letztlich überwog in der Bewertung aber die Feststellung, dass man sich nicht abschotten könne und die Kooperation auch Chancen birgt. Die Menschen vor Ort begegnen uns bei Besuchen offen, freundlich und zuvorkommend und die gemeinsamen Projekte werden toll umgesetzt.
Welche Hürden und Herausforderungen habt ihr auf dem Weg schon bewältigt, und welche gibt es noch?
PJ: Eine Herausforderung ist das Thema Visum. Auszubildende außerhalb der EU erhalten normalerweise kein Visum für ein Praktikum in Deutschland. Zum Glück hat der Deutsch-Chinesische Freundeskreis hier gute Beziehungen gepflegt, sodass wir eine Lösung finden konnten. Ein weiteres Thema ist die Sprache. Grundkenntnisse in Englisch waren bei den chinesischen Auszubildenden zwar vorhanden, aber in den Betrieben wird viel mit Fachbegriffen gearbeitet und nicht jeder deutsche Handwerker spricht perfekt Englisch. Doch über praktische Tätigkeiten, mit Händen und Füßen, wurde diese Sprachbarriere überwunden.
Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind ja zentrale Themen im Handwerk. Welche Rolle spielen diese Aspekte in eurer Kooperation mit China?
PJ: Umweltschutz spielt eine große Rolle. Ein markantes Beispiel ist die Elektromobilität, die in China stark vorangetrieben wird. China hat in den letzten Jahrzehnten wirtschaftliches Wachstum in den Vordergrund gestellt, aber mittlerweile sind auch Umweltschutz und Nachhaltigkeit wichtige Themen. Gerade bei der Elektromobilität ist China sehr weit und drängt mit seinen Produkten auch auf den europäischen Markt. Die Größe vieler Städte in China mit hohen Bevölkerungszahlen werfen noch einmal weitere Fragen zur Umsetzung von Nachhaltigkeit auf. Da lernen wir das Thema nochmal in neuen Dimensionen und anderen Kontexten kennen.
Wie könnte sich die Zusammenarbeit in Zukunft weiterentwickeln?
PJ: Wir wollen das Thema Prüfungswesen weiterentwickeln und schauen, wie man es in China implementieren kann. Außerdem wollen wir die Kooperation auf andere Bereiche, wie etwa Feinwerktechnik ausweiten.